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Die Reform des StVG und wie es jetzt weiter geht

Portrait of Swantje

Swantje Michaelsen

3 min Lesezeit

27. Oktober 2023

Seit vielen Jahren setzen sich Verbände und Kommunen für eine Reform des Straßenverkehrsrechts ein. Kern dieses Rechts ist das Straßenverkehrsgesetz (StVG). Es ist die Grundlage für die Gestaltung unserer Straßen und öffentlichen Räume.

Und dieses Gesetz hatte immer nur ein Ziel: Die Sicherheit und Flüssigkeit des Autoverkehrs. Diese konnte nur eingeschränkt werden, wenn die Kommunen eine Gefahrenlage nachweisen konnten. Das heißt: wenn bereits Menschen zu Schaden gekommen waren. In unzähligen Kommunen gibt es politische Beschlüsse für neue Radwege, Zebrastreifen oder geringere Geschwindigkeiten. Und oft konnten diese von den Verwaltungen nicht umgesetzt werden, weil bislang die Rechtsgrundlage fehlte.

Am 20. Oktober hat nun der Deutsche Bundestag eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen. Mit ihr werden neue Ziele im Straßenverkehrsgesetz verankert: Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und städtebauliche Entwicklung werden gleichrangig mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs aufgenommen. Damit werden all die Aufgaben und Herausforderungen endlich gesetzlich ernstgenommen, an denen die Kommunen tagtäglich arbeiten.

Über die konkreten Dinge – Anordnung von Tempo 30, Radwegen, Zebrastreifen etc. - entscheidet nicht das Straßenverkehrsgesetz, sondern die Straßenverkehrsordnung (StVO). Diese wird nicht im Bundestag, sondern im Bundesrat (also auf Länderebene beschlossen). Die Bundesregierung hat dem Bundesrat eine entsprechende Novelle für die nächste Sitzung am 24. November vorgelegt.

Bislang mussten alle Regelungen der StVO an der Sicherheit und Leichtigkeit des Autoverkehrs ausgerichtet werden. Jetzt eröffnen die neuen Ziele im Straßenverkehrsgesetzes einen großen neuen Möglichkeitsraum für die StVO. Den nutzt die vorgelegte StVO-Novelle zum Teil: Radwege, Fußwege und Busspuren können deutlich leichter angeordnet werden. Das bringt neue Möglichkeiten vor allem überall da, wo der Autoverkehr bislang sehr viel Raum hat. Auf Basis der neuen Ziele kann dieser leichter umverteilt werden.

Bei den Regelungen für Tempo 30 bleibt die neue StVO allerdings weit hinter den Erwartungen zurück, obwohl das neue StVG hier keine Grenzen mehr setzt. Die alte Systematik der Ausnahmen bleibt bestehen, diese werden um Spielplätze und hochfrequentierte Fußwege erweitert. Außerdem sollen die Kommunen Lücken bis zu 500 m (statt bisher 300 m) zwischen zwei Tempo-30-Abschnitten schließen können. Eine Großstadt wie Hannover mit vielen solcher Stellen erhält damit ebenso neue Möglichkeiten wie kleinere Kommunen, die Spielplätze haben und in denen die Kinder zu Fuß zur Schule gehen. Aber Kommunen, die weder eine Kita noch einen Spielplatz direkt an der Hauptverkehrsstraße haben, können dort weiterhin die Geschwindigkeit nicht reduzieren. Diese Änderung wird den vielen Kommunen nicht reichen, die selbst entscheiden wollen, welche Geschwindigkeit vor Ort am besten passt. Hier geht die Arbeit also weiter, aber: Reformen können nun auf der Verordnungsebene stattfinden, das Gesetz steht dem endlich nicht mehr im Weg!

Wie geht es jetzt weiter? Die Reform des Straßenverkehrsgesetzes ist zustimmungspflichtig im Bundesrat. Sie muss also – ebenso wie die StVO-Novelle – auf der nächsten Bundesratssitzung am 24. November 2023 beschlossen werden. Da sind jetzt alle demokratischen Parteien gefordert, mit den Reformen an StVG und StVO die Entscheidungsspielräume der Kommunen zu vergrößern. Denn diese Gesetzesreform begegnet endlich der Realität in den Kommunen. Sie ist die Grundlage, damit die Kommunen das tun können, was vor Ort gefordert wird: die Verkehrsplanung an Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und städtebaulicher Entwicklung ausrichten.

Die Kommunen wissen selbst am besten, was vor Ort gebraucht wird. Mit dieser Reform des StVG bekommen sie den gesetzlichen Rahmen für echte Entscheidungsspielräume.